Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Medizinische RehabilitationsleistungenBeschaffungsgesetz (MedReha-BeschG) nach dem Stand vom 10.02.2020

Vorbemerkung

Der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. bedankt sich für die Gelegenheit, zu dem genannten Referentenentwurf Stellung zu nehmen. Für die Versäumung der hierfür eingeräumten Frist 2.3.2020 wird um Nachsicht gebeten. Die Arbeit des Deutschen Sozialgerichtstag e.V. basiert einzig auf dem ehrenamtlichen Engagement seiner Mitglieder, deren Expertise u.a. in die Stellungnahmen Eingang finden soll. Aus diesem Grunde ist eine zeitnahe Beantwortung von Anfragen nicht immer zu gewährleisten.

Zum Zulassungs- und Inanspruchnahmeverfahren

Der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. begrüßt die mit dem vorgelegten Entwurf verfolgte Absicht, das in den letzten Jahren von den Rentenversicherungsträgern praktizierte „offene Zulassungsverfahren“ bei der Beschaffung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation durch Gesetz zu regeln. Dieses Verfahren hat sich im Wesentlichen bewährt. Die gesetzliche Regelung erscheint notwendig, um unter den Vorgaben des europäischen Vergaberechts insbesondere die angemessene Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechts der Versicherten zu sichern. Gleichzeitig dürften die vorgesehenen Regelungen geeignet sein, eine qualitativ hochwertige und auf die individuellen Bedarfe der Versicherten zugeschnittene medizinische Rehabilitation im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung zu gewährleisten.

Von der Verpflichtung der Rehabilitationseinrichtungen, am externen Qualitätssicherungsverfahren der Deutschen Rentenversicherung Bund teilzunehmen wie auch von der Festlegung einheitlicher personeller, struktureller und qualitativer Anforderungen kann zu Recht eine Verbesserung der Versorgungsqualität erwartet werden. Diese ist für die Erreichung der Rehabilitationsziele i.S. von § 9 SGB VI von zentraler Bedeutung. Dabei liegt es sowohl im Interesse des einzelnen Versicherten als auch der Beitragszahler, Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit bestmöglich entgegenzuwirken. Allerdings sollte auch das Interesse der Versicherten an einer möglichst wohnortnahen Versorgung und am Erhalt spezialisierter Einrichtungen für besondere Bedarfe insbesondere bei der Ausgestaltung des Vergütungssystems Beachtung finden.

Zu Artikel I Nr. 4 (§ 20 SGB VI)

Rechtsanwendungsprobleme befürchtet der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. durch die Neuregelung des § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI, wonach ein Übergangsgeldanspruch künftig davon abhängig sein soll, dass „die Leistungen nicht dazu geeignet sind, neben einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit erbracht zu werden“.

Soweit die Entwurfsbegründung hierfür auf einen in der „Praxis“ verwendeten, abstrakten und an dem zeitlichen Umfang der in Anspruch genommen Hauptleistung je Woche orientierten Maßstab abstellt, findet dies keinen Niederschlag im vorgesehen Gesetzestext. Dieser bietet zugleich keinen Anhaltspunkt dafür, welches Maß an zeitlicher Beanspruchung durch die Reha-Leistungen neben einer Erwerbstätigkeit typischer Weise noch möglich sein könnte und deshalb geeignet sein soll, einen Leistungsausschluss unabhängig von den Umständen des Einzelfalls zu rechtfertigen. Schon deshalb erscheint es sinnvoll, die intendierte zeitliche Grenze gesetzlich festzulegen und nicht einer künftigen höchstrichterlichen Klärung zu überlassen.

Eine abstrakte, am zeitlichen Umfang der Reha-Leistung orientierte Betrachtung ist geeignet, den Anspruch auf Übergangsgeld für Fälle zu regeln, in denen keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Wird jedoch eine Erwerbstätigkeit ausgeübt, sind in erheblichem Umfang Konstellationen wahrscheinlich, bei denen abstrakt die Leistungen dazu geeignet sind, berufsbegleitend durchgeführt zu werden, dies konkret aber ohne Einschränkung der Erwerbstätigkeit nicht möglich ist. Ein Entfallen des Anspruchs auf Übergangsgeld hält der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. in diesen Fällen nicht für angebracht. Eine Übersicherung ist durch die Einkommensanrechnung nach § 72 SGB IX ohnehin ausgeschlossen.

Nachteile für Bezieher von Arbeitslosengeld II durch den Wegfall des Anspruchs auf Übergangsgeld bei Leistungen zur medizinischen Rehabilitation hat der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. nicht erkannt.

Potsdam, den 6.3.2020
Monika Paulat, Präsidentin des Deutschen Sozialgerichtstag e.V.