Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Transparenz in der Alterssicherung und der Rehabilitation sowie zur Modernisierung der Sozialversicherungswahlen (Gesetz Digitale Rentenübersicht) nach dem Stand vom 29. Juli 2020

I. Vorbemerkung
Der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. (DSGT) bedankt sich für die Gelegenheit, zu dem genannten Referentenentwurf Stellung zu nehmen. Die Arbeit des Deutschen Sozialgerichtstag e.V. basiert einzig auf dem ehrenamtlichen Engagement seiner Mitglieder, deren Expertise u.a. in die Stellungnahmen Eingang finden soll. Aus diesem Grunde kann in der zur Verfügung stehenden Zeit nur auf einzelne Aspekte des vorliegenden Entwurfs eingegangen werden.

II. Einführung der Digitalen Rentenübersicht
Der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. begrüßt die beabsichtigte Einführung der Digitalen Rentenübersicht. Im gerichtlichen Verfahren, wie auch in der Beratungspraxis, zeigen sich trotz der schon bestehenden Einzelinformationen in erschreckendem Maße Fehlvorstellungen bezüglich der zu erwartenden Alterseinkünfte. Eine einfach zugängliche und verständliche Zusammenschau möglichst aller Vorsorgeformen erscheint daher als dringend notwendig. Künftig wird die Bedeutung einer säulen- und produktübergreifenden Information wegen der prognostizierten Zunahme sog. hybrider Erwerbsverläufe sogar noch steigen.

Zu § 5 RentÜG (Anbindung der Versorgungseinrichtungen):
Vor diesem Hintergrund befürwortet der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. über die in § 5 Abs. 1 REntÜG vorgesehene Regelung hinaus eine möglichst kurzfristige verpflichtende Anbindung aller Versorgungseinrichtungen.

Zu § 6 RentÜG (Zentrale Stelle für die Digitale Rentenübersicht):
Die Information über Altersvorsorgeansprüche neben der gesetzlichen Rente gehört nicht zu den systemimmanenten Aufgaben der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. hält es daher für systemgerecht und unabweisbar, dass die hierdurch entstehenden Kosten nicht aus Beitragsmitteln gedeckt werden müssen, sondern der Deutschen Rentenversicherung Bund vollständig erstattet werden. Rechtlich zwingend erscheint dies auch aufgrund der vorgesehenen Beschränkungen der Selbstverwaltung der Träger der Sozialversicherung.

Zu § 7 RentÜG (Steuerungsgremium):
Der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. verkennt nicht die Bedeutung der Mitgliederzahl für die Arbeitsfähigkeit der Steuerungsgruppe. Angesichts der überragenden Bedeutung der gesetzlichen Rentenversicherung als erste und in der Regel wirtschaftlich bedeutendste Säule der Alterssicherung für gegenwärtig 56 Millionen aktiv Versicherte und 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner hält der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. jedoch eine diesem Gewicht entsprechende Repräsentanz der gesetzlichen Rentenversicherung und/oder eine dem angemessene Stimmgewichtung für unabweisbar. Dies sollte bereits im Gesetz festgelegt werden.

III. Modernisierung der Sozialversicherungswahlen
Der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. begrüßt die Vorschläge zur Verbesserung der Attraktivität der Sozialwahlen. Er hält entsprechende Bemühungen für dringend erforderlich, um die Legitimation der Selbstverwaltungsorgane als konstitutivem Element der deutschen Sozialversicherung zu erhalten und zu stärken. Dies spricht auch für die vorgesehenen Maßnahmen zur Stärkung kleiner Listen. Dies wird – wie mit dem Entwurf angestrebt – auch zu vermehrter Urwahl führen.

Allerdings wird die Einschätzung, mit der Modernisierung der SV-Wahlen falle für die Verwaltung im Saldo nur geringfügiger laufender Erfüllungsaufwand an, vom Deutschen Sozialgerichtstag e.V. nicht geteilt. So haben die 14 Rentenversicherungsträger, die 2017 keine Wahl mit Wahlhandlung durchführten, für die Durchführung der Sozialwahlen insgesamt etwa 74.500 Euro ausgegeben. Demgegenüber betrugen allein die Kosten für die Wahlankündigungsschreiben bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bei der als einzigem Rentenversicherungsträger eine Urwahl stattfand, annähernd 10 Millionen Euro. Insgesamt lagen die Kosten aller Träger mit Wahlhandlung bei 58 Millionen Euro, während die Kosten der weitaus größeren Zahl der Träger, bei denen keine Wahlhandlung erfolgte, insgesamt bei lediglich knapp unter 1 Million Euro lagen (Quelle: Die Bundeswahlbeauftragte für die Sozialversicherungswahlen, Schlussbericht über die Sozialwahlen 2017, Seite 46 ff).

Der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. hält es grundsätzlich für wünschenswert, eine Möglichkeit zur elektronischen Stimmabgabe zu schaffen. Eine solche Möglichkeit wäre geeignet, sowohl die Attraktivität der Wahlen bei jungen Menschen zu erhöhen als auch die mit der Wahlhandlung verbundenen Verwaltungskosten zu senken. Dennoch erscheint es zweckmäßig, zunächst die Erfahrungen aus dem Modellprojekt zur Durchführung von Online-Wahlen bei den Krankenkassen nach § 194a SGB V bei der Sozialwahl 2023 abzuwarten.

IV. Beschaffung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation
Zur Neuregelung der Beschaffung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation verweist der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. auf seine Stellungnahme vom 6. März 2020 zum Referentenentwurf eines Medizinische Rehabilitationsleistungen-Beschaffungsgesetz (MedReha-BeschG) nach dem Stand vom 10. Februar 2020, die als Anlage beigefügt und unter www.sozialgerichtstag.de abrufbar ist. Der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. bedauert, dass seine Anregung zur gesetzlichen Konkretisierung des künftig nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI anzuwendenden Maßstabs nicht aufgegriffen wurde. Er weist nochmals darauf hin, dass sich die Regelung in der vorliegenden Form voraussichtlich als streitanfällig erweisen wird.

Monika Paulat
Präsidentin